die angeheiratete Großmutter und die dritte Frau ihres ersten Vaters

Mar­git* lern­te ich auf Aman­das* Par­ty ken­nen. Mar­git ist mit dem Vater von Aman­das Ex-Mann Tho­mas* ver­hei­ra­tet. Mar­git spricht von Tho­mas als ange­hei­ra­te­ter Sohn – im Scherz, wie sie sagt. Über­haupt fän­de sie herr­lich, wie ihr so spät im Leben so viel Fami­lie zufiel, »ohne den Fin­ger krüm­men zu müs­sen«, wie sie mit fei­nem Lächeln sagt. Die »Kin­der mei­nes Man­nes« sind ihr offi­zi­el­ler Ter­mi­nus. Die­sen habe mal jemand in ihrem Yoga­kurs ver­wen­det. Er habe ihr ein­ge­leuch­tet. »Stief­kind« hät­te sie vor­her schon schreck­lich gefun­den und ungern benutzt. 

Eine ange­hei­ra­te­te Enke­lin, Man­ja*, habe zunächst gemut­maßt, Mar­git wol­le die ver­stor­be­ne Groß­mutter erset­zen. Damals war Man­ja 14. Es habe eine Wei­le gebraucht, bis sie ihr eige­nes, sehr herz­li­ches, freund­in­schaft­li­ches Ver­hält­nis ent­wi­ckel­ten, als Man­ja ver­stand, dass Mar­git kei­ner­lei Ansprü­che oder Erwar­tun­gen hegte. 

Mar­git fin­det, sie habe eh viel Glück gehabt und über­rasch­te mich damit, wie es wei­ter­ging. Ihre Eltern hät­ten sich ja schei­den las­sen, damals noch mit zu beant­wor­ten­der Schuld­fra­ge. Ihre Mut­ter war schuld und Mar­git und ihre Schwes­ter kamen zum Vater. Ihr »ers­ter Vater«, wie sie spä­ter im Gespräch sagt, da ihre Mut­ter noch zwei wei­te­re Male gehei­ra­tet habe. Wie­der spä­ter erwähnt Mar­git die »drit­te Frau mei­nes ers­ten Vaters«. Das war der Moment, wo ich ihr sag­te, dass mein Gehirn lang­sam über­läuft und ich das jetzt alles notie­ren müsse.

Bei der Ver­ab­schie­dung bedank­te ich mich bei ihr und sag­te, die Gast­ge­be­ris soll­ten sie der­mal­einst zur Lesung aus mei­nem Buch mit­brin­gen. »Mach zu.«, sagt Mar­git und blitzt mich von unten her­auf schalk­haft an, »Ich bin 86. Ich hab nicht mehr so viel Zeit.«